Sin City Ink ist unser

zweites Baby

Markus Schneider & Yasmin Wezyk, Sin City Ink

In der Rosenheimer Straße reihen sich Geschäfte nebeneinander, die unterschiedlicher nicht sein könnten. Ein Blumenladen, ein Computer-Reparaturservice, ein Afro-Shop und ein Tattoo-Studio. „Sin City Ink“ steht auf der Scheibe, dahinter strahlt ein prunkvoller Kronleuchter und lässt die Pailletten der Kissen und den Totenkopf mit Strasssteinchen glitzern. Im Artist-Bereich sind rote Rosen und dicke Motorräder in Airbrush-Optik an die Wand gesprüht worden. Es fühlt sich an, als würde man in die fiktive Graphic-Novel-Stadt „Sin City“ eintauchen. Alles ist schwarz und rot. Die Couch, die Blumendekoration, die Fotos, die über dem Flachbildschirm flimmern. Selbst Markus Schneider und seine Freundin Yasmin sind in Schwarz und Rot gekleidet. Nur ihr Baby Ronja passt nicht in das Farbkonzept, sie schläft zufrieden im bunten Strampler im Kinderwagen. 

„Sin City Ink ist unser zweites Baby“, sagt Markus und grinst glücklich. Kennengelernt hat er Yasmin in einem Tattoo-Studio in Dachau, seit 2019 leiten sie zusammen ein eigenes in Ramersdorf - eine, wie er sagt, total spontane Idee. Markus lebt seit 15 Jahren im Viertel. Seitdem er Yasmin liebt, ist er nun häufig bei ihr im Münchner Umland. Das Viertel Ramersdorf und dessen Bewohner*innen kenne er gut, aber alles hat sich geändert, seitdem er selbst ein Geschäft führt. Man kommt ganz anders ins Gespräch und wird ein aktiver Teil des Stadtbilds. Eine Aufgabe, die ihm gefällt: „Ich bin ein absoluter Miteinandermensch.“

„Ich bin ein absoluter Miteinandermensch.“

Und noch etwas ist Markus: ein Macher. Er führt das Studio, hat in seinem Leben schon einiges aufgebaut, geleitet und ausprobiert. Eine Cocktail-Bar im Glockenbachviertel, einen Club in Ägypten und eine Disco, den Volksgarten, der nur ein paar Hausnummern weiter, ebenfalls in der Rosenheimer Straße war. Er ist ein Unternehmer. Und so hat er bereits die nächste Idee und will sich ein weiteres Geschäftsfeld erschließen. Denn manchmal würde Tätowierten ein Symbol oder auch ein Name nicht mehr gefallen, dann könnte man überstechen. Doch irgendwann würde auch das nicht mehr funktionieren und das Cover-Up wird zu dunkel. Für solche Probleme macht Markus gerade eine Fortbildung: Tattoo-Entfernung mit einem Serum. Anders als beim Arzt, wird das Serum vorsichtig in die Haut massiert, schwemmt die Pigmente aus und lässt das Tattoo so verschwinden. „Ein Tattoo sollte, aber muss keine Entscheidung für die Ewigkeit sein“, meint Markus und lacht.

„Ein Tattoo sollte, aber muss keine Entscheidung für die Ewigkeit sein“

Trotzdem sollte ein Tattoo mit viel Sorgfalt ausgesucht werden. Yasmin hilft dabei, sie ist das Herz des Studios. Sie berät zusammen mit den Kund*innen, welches Motiv welche Körperstelle schmücken soll, zeigt Schriftzüge, sucht Inspiration aus dem Internet und hilft bei der Entscheidung. Sie verbringt sehr viel Zeit mit den Kund*innen – viel länger als das reine Stechen dauert. Und auch da ist Yasmin stets an der Seite der Kund*innen, reicht Gummibärchen, wenn der Blutzuckerspiegel in den Keller rutscht. Je nach Größe des Tattoos, würden die stärksten Männer und Frauen auch mal eine Träne vergießen, dann ist Yasmin da und hält Händchen.

Markus und Yasmin haben beide eine ganze Sammlung an Tattoos, doch keiner der beiden sticht selbst. Ein Tattoo-Künstler aus Russland wird demnächst die Haut der Kund*innen schmücken. Sein Spezialgebiet sind fotorealistische Motive in bunten Farben, so farbenfroh wie die Selbstportraits von Frida Kahlo, so realistisch wie die Gemälde von Gerhard Richter. Markus kannte seine Motive schon aus dem Internet. „Ich finde, dass er einer der besten Tätowierer der Welt ist“, sagt der Geschäftsmann. Doch persönlich hat er ihn erst kennengelernt, als er in seinen Laden kam. Plötzlich stand er in der Tür, zusammen mit seinem Dolmetscher, und setzte sich auf die Couch. Er würde ein Tattoo wollen, mehr hätte er nicht gesagt, erst im Laufe des Gesprächs wäre klar geworden, dass er der Künstler ist, von dessen Werk Markus schon länger ein Fan ist. Markus konnte ihn überzeugen, in seinem Studio zu arbeiten. Neben dem russischen Tätowierer wird es noch einen zweiten Allrounder geben, der die Wünsche der Kund*innen präzise umsetzen kann. 

„Hier kommt man als Kunde und geht als Freund,“ sagt Yasmin. Das wäre das Motto von „Sin City Ink“, so soll die Atmosphäre des Studios sein. Schon an dem Tag des Einzugs hat die Studiobesitzerin eine Freundin gefunden. Es ist die Nachbarin, die gleich einen Termin ausgemacht hat. Heute passt sie manchmal auf Tochter Ronja auf oder kommt auf einen Kaffee vorbei. Auf den Waden der beiden Frauen prangt ein Freundschafts-Tattoo. Zwei Rotzgören, zwischen Joker und Hello Kitty. Gestochen im eigenen Studio.

Sin City Ink Tattoostudio
Rosenheimer Str. 157

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