So wie es ist,

soll es bleiben

Sylvia Zeußel, rosen_heim

Es ist einer der idyllischsten Flecken in München. Die Siedlung um den Loehleplatz im Herzen von Ramersdorf. Erbaut wurde sie Anfang des 20. Jahrhunderts, seither hat sich fast nichts verändert. Einige der märchenhaften Reihenhäuser und Einfamilienhäuser stehen unter Denkmalschutz. Liebevoll angelegte Vorgärten liegen hinter den Gartenmauern. In einem dieser Häuser wohnt Sylvia Zeußel zusammen mit ihrem Ehemann und ihren zwei Söhnen. 

In der Küche der Familie hängen bunte Magneten am Kühlschrank und ein selbstgebastelter Kalender hinter der Eckbank. Frau Zeußel reicht heißen Kaffee, selbstgebackenen Kuchen und eine Schüssel Himbeeren. Frisch gepflückt von der eigenen Hecke in ihrem Garten. „Wir hatten gerade Besuch“, sagt sie und zeigt auf ihrem Smartphone ein paar Videos von einer Entenfamilie. Die flauschigen Jungtiere versuchen die paar Stufen zur Küche zu erklimmen, purzeln immer wieder runter und schnattern vergnügt im Gras. Es sind Szenen aus dem Märchenbuch, mitten in der Großstadt, im dörflichen Stadtviertel Ramersdorf. „So wie es ist, soll es bleiben“, sagt Sylvia Zeußel.

Dafür setzt sie sich ein. Seit 2016 ist Frau Zeußel Vertreterin des Gemeinnützigen Wohnungsvereins München 1899, hat Stimmrecht bei Versammlungen und ist Ansprechpartnerin bei Belangen der Wohnanlage Ramersdorf. Und auch bei kleinen Problemen, wie dem Diebstahl von Himbeeren in der Nachbarschaft. Denn manchmal gibt es selbst im Paradies Krach, dann sind die Vertreter*innen wie Frau Zeußel zur Stelle. Ein Nachbar hatte sich beschwert, weil seine Himbeeren abgezupft wurden, dabei hatte er den Strauch extra für den eigenen Genuss gepflanzt. Der Schuldige wurde schnell gefunden, das Missverständnis geklärt und der Streit war beendet, bevor er richtig ausgebrochen ist. Bei dieser Anekdote muss Frau Zeußel lachen. 

Der Gemeinde fühlt sie sich sehr verbunden. „Ich habe eine Mutter-Kind-Gruppe geleitet, helfe bei den Veranstaltungen und springe bei Zuruf ein“, sagt sie. Wie bei den beliebten Faschingsbällen im Pfarrsaal der Kirche, einem roten Backsteingebäude. Mit Schwarzlicht und Reifröcken hat sie mit der Faschingsgruppe “Die Taktlosen” zu dem Abba-Hit „Dancing Queen“ eine Tanzeinlage aufgeführt. Regelmäßig engagiert sie sich in der Wohnanlage und bei dem Gemeinschaftsgartenprojekt “rosen_heim”.  

Das liegt nur einen kleinen Spaziergang von dem eigenen Wohntraum entfernt. Etwa fünf Minuten braucht Frau Zeußel, bis sie das Tor von “rosen_heim” erreicht. Wilde Gräser, Hochbeete mit Tomaten, Gurken und Zucchini und ein Gartenhaus mit Geräten zum Ausleihen, um das Beet umzugraben. Es summt und brummt. Es gibt Insektenhäuser und Bienenstöcke. Kunst aus alten Fahrrädern, Bänke zum Verweilen und das Gefühl in einem Astrid-Lindgren-Roman gelandet zu sein.

„Für mich ist rosen_heim ein Paradies“

„Ich bin die Erdbeerfrau“, sagt Frau Zeußel und läuft zu dem Beet, deren Holzbretter sie mit süßen Früchtchen bemalt hat. Sie steckt einen Finger in die Erde, um zu prüfen, ob die Erdbeeren neues Wasser brauchen. Das Areal an der Ecke Rosenheimer Straße 245 und Aribonenstraße ist 450 Quadratmetern groß und wurde vor sechs Jahren eröffnet. „Urban-Gardening für das Viertel, für alle, die mitmachen wollen.“ In einer Whatsapp-Gruppe koordinieren sich die Mitglieder, wenn jemand den Gießplan nicht einhalten kann, etwas repariert werden muss oder einfach das Gartenschloss verlegt wurde. Bei Aktionen wie „Tag der offenen Gartentür“ werben sie für mehr Mitglieder und laden die Leute im Viertel ein. „Für mich ist rosen_heim ein Paradies“, sagt Frau Zeußel. Zu Beerendiebstählen wäre es hier auch noch nie gekommen. „Die Erdbeeren sind für alle da“, sagt Sylvia Zeußel und lächelt dabei. 

Das Projekt work&act 2.0 wird im Rahmen des ESF-Bundesprogramms „Bildung, Wirtschaft, Arbeit im Quartier – BIWAQ“ durch das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB) und den Europäischen

Sozialfonds gefördert. BIWAQ ist ein Partnerprogramm des St dtebauf rderprogramms „Sozialer Zusammenhalt“, das mit Mitteln des Bundes, des Landes und der Landeshauptstadt München finanziert und umgesetzt wird.

Das Referat für Arbeit und Wirtschaft unterstützt BIWAQ durch das Münchner Besch ftigungs- und Qualifizierungsprogramm (MBQ).